Beschreibung
Zweite Lügen-LP als einseitig bespielte 12“ mit 350g Cover, Textinlay und Downloadcode. Der gute Dirk Bernemann sagt dazu:
„Die Lügen-Platte ist da. Man hat gewartet, jetzt darf man staunen. Ich weiß nicht, ob das Kunst ist oder ob das die verzweifelten Schreie später Jugendlicher sind, die ihr Nichtklarkommen und ihre Angepisstheit in würdevoll getimten Punkrock gießen. Ich sitze da und wippe die ganze Zeit, die Platte macht mich unruhig, ich glaube, genau das will sie von mir. Der Kopf komplett entleert, das Herz schlägt nur, weil es muss. Assoziationsregenschauer setzen ein. „Du wirst allein sein, ganz allein“, singen Lügen. Wir lernen Flora kennen, wenn wir sie nicht schon vorher kannten. Es rumpelt in Melodien, es prescht nach vorne, es durchdringt die Mitte. Es ergreift das Herz. Es regelt Dinge mit einer Saftpresse.
Es gibt keine Anführerinnen und Anführer. Ein zynische Abrechnung mit Silberrücken, ein paar Interpretationen später mehrt sich die Verzweiflung. Die Hand zu reichen wird zum Problem, wir wollen keine Probleme mehr. Wir wollen gereichte Hände. Raus aus der Kryptik, vier Personen, acht Hände, alles macht Sinn für irgendwen, ich werfe mich in den Part, der tut, als wäre er ein Refrain, obwohl er eigentlich wichtiger ist. Das war schon immer so, sagt jemand und dieser Satz zerbricht ja gerne jeden Diskurs, aber wir versuchen zu verstehen waswardasistdasbleibt – falsch.
Ach komm, denk ich mir, was sollen die Interpretationen, was sollen die Worte zur Musik und die Worte zu den Wörtern, es ist doch alles nur ein Gefühl. Wir saufen die Sonderbar leer und es ist wie er einst sagte: Wir sind eher Punks als Strategen. Rise like lions schreit jemand durch das Etablissement und wir stehen erstmal auf und erkennen die Gefahr an, aufgestanden zu sein.
Stumpf trommelt es in meinem Kopf, es beschäftigt mich, was der brave Bürger so treibt, ich beobachte ihn durch fremde, fragende Augen. Manchmal ist es ja so, dass man komplette Sachverhalte und alles wichtige dazu in einer Minute und dreiundzwanzig Sekunden sagen kann und soll. Es muss halt einfach nur mal jemand tun. Jemand muss den Lappen in die Hand nehmen und den Türrahmen vom Staub befreien, weil Staub nicht brennt.
Ein Song wollte ich, den man nachts betrunken auf dem Fahrrad gerne hört, man schlägt auf das Lenkrad, es waren zu viele Schnäpse, man fühlt sich trotzdem zuhause und man fühlt sich auch immer gleichzeitig von wo man kommt und wo man hinwill. „Du bist nur ein Kurier.“ Give me a message, Lügen. Danke.
Katzentod: Vergiss es, sagt sie. Ich kann nicht, sagt sie. Irgendwas stirbt immer und wenn es nur das Gefühl ist, an etwas Wahrhaftigem vorbeigelaufen zu sein. Es scheppert gehaltvoll. Das beste am Scheppern ist immer, wenn es aufhört und etwas kommt, was einen Kontrast anbietet. Diese wunderbaren kryptischen Punksongs, die Lügen uns schenken, sind imstande einen nervös zu machen. Sie bringen Unruhe mit, ein Zucken hier, ein Lärmdings dort und wir tauchen durch das Nichtschwimmerbecken der guten, warmen Gefühle und kommen an guten Orten wieder an die Oberfläche. Ein Album für Herz und Hirn und ästhetische Vielfalt.
[Dirk Bernemann, März 2019]