Beschreibung
»Das Jahrtausend war ein langer böser Streich / wir haben uns angeguckt und wussten sofort: so, jetzt reicht’s. Die Welt da draußen geht vor die Hunde. Also, nicht erst seit gestern. Und morgen ist es auch noch nicht vorbei. Beschissene Zeiten also. Denen könnte man jetzt natürlich mit Zynismus begegnen. Oder mit Verzweiflung. Aber vielleicht ja auch nicht. Vielleicht könnte man auch Hoffnung schöpfen, gerade weil es so viel einfacher wäre, jetzt in Schwarzmalerei und bitterem Lachen zu verfallen. Und vielleicht ist es auch okay, etwas zu brauchen, was uns inmitten der Apokalypse bei Laune hält.« – Jens Friebe
Und so ist »Wir sind schön« entstanden, Jens Friebes neuntes Album, das, wie schon die Vorgängeralben, pünktlich vier Jahre nach dem letzten (»Fuck Penetration« von 2018) ebenfalls auf Staatsakt erscheint. Es ist ein heiter-melancholisches, ironisch-ernsthaftes, lässiges Stück Musik, das eben keinen Bock auf Abstumpfung und Einkehr hat.
Das hymnisch-schöne, den Kitsch mit selbstironischer Ernsthaftigkeit umfassende und vor allem tröstliche Titelstück »Wir sind schön« bringt es auf den Punkt: die bessere Welt da draußen, wir können sie uns selbst bauen. Trotz allem. »Es ist ein anti-nihilistisches Album«, sagt Friebe. »No Future« ist ja schon nicht verkehrt, aber gar nicht mehr so lustig, wenn die Future wirklich eher brennende Erde in Aussicht stellt. Es ist aber nicht so, dass das Problematische getilgt wird. Es erscheint auf der Platte in verschiedensten Formen: In der nahezu sozialrealistischen Schilderung einer durchs mehrgliedrige Bildungssystem zerstörten Jugendfreundschaft mit dem schönen – zwischen stadtsoziologischer Abhandlung und Märchen schillerndem – Titel ›Die Schrumpfende Stadt‹, in dem niederschmetternden Protokoll gescheiterter Self-Care (»Das Nichtmehrkönnen«) oder der rätselhaft düsteren Phantasie »Was haben wir getan«. Doch an diesen Stimmungstiefpunkten versackt man als Hörer nie, sondern wird immer wieder raus- und raufgerissen ins Euphorische, Utopische. Oder, wie bei dem mitreißenden Protestsong »Sing it to the Converted«, ins Kämpferische. Doch was zuerst klingt, wie die schiere Wiederholung banaler Parolen, erweist sich im nächsten Moment als Reflektion über die Notwenigkeit, banale Parolen zu wiederholen. Denn, das haben nicht erst die letzten Jahre gezeigt, auch ans scheinbar Selbstverständliche muss immer wieder erinnert werden. Oder, wie es bei Friebe heißt: »Predigt denn die Priesterin nicht zu den Bekehrten / Wie lang wären sie bekehrt, wenn sie sie nie hörten?«