Beschreibung
Der Ton wird aggressiver, auch in der populären Musik: Die Texte werden hasserfüllter, die Musik martialischer. Jens Balzer sieht eine klare Parallele zur politischen Debatten-Unkultur. Die Behauptung, »nur Musik« machen zu wollen, verfängt nicht: Wer so viele, gerade junge, Menschen erreicht und zur Identifikation einlädt, erklärt er, hat auch die Pflicht, über die politischen Aspekte seiner Kunst nachzudenken. Doch zugleich ist Pop ohne Provokation, ohne das Spiel mit Tabubrüchen nicht vorstellbar. Will man populäre Musik prinzipiell in die Verantwortung für eine gerechte, gleiche, tolerante Gesellschaft nehmen, zerstört man ihre inneren Impulse. Der moralische Rigorismus, in dem sich die Kritik von »links« gegenwärtig gefällt, opfert die Freiheit der Kunst politischen Interessen. Doch auch wenn man keinen PC-Pop will, heißt das nicht, dass man Verrohung, brutalen Sexismus und explizite Aufrufe zur Gewalt widerspruchslos hinnehmen muss. Die rhetorischen Methoden, die gezielt provozierenden Haltungen und die Entschuldigungsgesten der neuen Populisten ähneln denen der Popkultur – und leiten so unmittelbar zur Frage nach dem Verhältnis von Pop und Populismus. An vielen Beispielen – vom Echo-Skandal bis zur Debatte über »cultural appropriation« im Pop – zeigt Jens Balzer, wie schwierig es geworden ist, zwischen populär und populistisch zu unterscheiden. Doch Popkultur ist Massenkultur, und darum müssen wir uns über ihre roten Linien verständigen.