Beschreibung
Mit ihrem neuen selbstbetitelten Album, das inoffiziell schon jetzt als »Das rote Album« bekannt ist, beschreiten Tocotronic in mehrfacher Hinsicht neue Wege. Es ist ein Album zum Reinfühlen statt zum Reindenken geworden, reduziert und poppiger als die Vorgänger.
Inhaltlich befassen sich Tocotronic auf ihrem elften, dem roten Album, mit der Liebe in all ihren Facetten: Selbstliebe, Nächstenliebe, Beziehung. Insgesamt stellt sich das neue Tocotronic-Album kämpferisch gegen den klassischen Liebesentwurf. Auf der musikalischen Seite haben sie einen poppigen, weniger wuchtigen und aufgeräumten Sound für die neue Platte entwickelt. Das ist – wie die reduzierte Anzahl der Lieder – ihr Selbstschutz, um auf keinen Fall beim Thema Liebe ins Kitschige abzudriften.
Es passt zum persönlichen und oft schmerzhaften Thema Liebe, dass Tocotronic auf dem roten Album nach einem neuen Klang gesucht haben. Neben Moses Schneider nahmen sie diesmal Markus Ganter als Produzenten hinzu. Als Soundtüftler hat Ganter das Album subtil bereichert und außerdem noch Keyboards gespielt. Eine ›Wende‹ ist für Tocotronic auch, dass sie die Songs diesmal nicht live im Studio eingespielt haben, sondern wie ein klassisches Popalbum: Es gab eine Pilotspur, und die anderen Stimmen und Instrumente wurden dazu nach und nach eingespielt. Durch das allmähliche Übereinanderschichten der einzelnen Sounds wirkt alles transparenter und knackiger.
Ob nun ein sommerhitverdächtiges Mitsinglied wie »Zucker« oder ein ungewöhnlicher Song wie »Ich öffne mich«, der mit Chor und um das afrikanische Instrument Kalimba herum komponiert wurde: Die Texte von Dirk von Lowtzow sind knackig, wortgewitzt und lassen die endgültige Aussage so weit offen, dass jeder Hörer seine eigene Interpretation in ein Lied hineindeuten muss.
Poppig und tanzbar: Das rote Album von Tocotronic überzeugt auf einer offenen Skala zwischen zärtlich und kraftvoll.